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Restaurierungs- und Site Management-Konzept für das Grabungsgelände Bustan Nassif in Baalbek (Libanon)

Photo: Heike Lehmann/Christian Schreiber

Baalbek im Libanon gehört zu den ältesten kontinuierlich besiedelten Städten der Welt. Die Weltkulturerbestätte steht mit vielfältigen archäologischen Zeugnissen im Fokus internationalen Interesses, vor allem jedoch mit dem monumentalen Jupiterheiligtum der römischen Antike, welches im Mittelalter befestigt und zur Zitadelle ausgebaut wurde.

Seit 2002 entwickelt der Staat Libanon unter Leitung der Wiederaufbaubehörde CDR und der libanesischen Antikenverwaltung (DGA) einen von der Weltbank finanzierten Site Management Plan für die Gesamtstadt (CHUD-Projekt), der neben Infrastrukturmaßnahmen für den Tourismus in der modernen Stadt auch ein neues Konzept zur touristischen Erschließung der Zitadelle mit dem Jupiterheiligtum und der umliegenden Grabungsareale beinhaltet. Dieser Site Management Plan sieht eine neue Haupterschließung des archäologischen Areals vor. Hierzu wird die Haupt-Wegeführung durch das südwestlich vorgelagerte Ausgrabungsgelände, den Bustan Nassif, geleitet und ein osmanisches Gebäude am Rande des Grabungsareals, das Beit Nassif, als neues Besucherzentrum eingerichtet.

Die umfangreichen archäologischen Baubefunde des Grabungsareals Bustan Nassif, freigelegt durch die DGA in den 1960er und 1970er Jahren, wurden 2008-2011 im Rahmen eines von der DFG und dem DAI geförderten Kooperationsprojektes zwischen DAI , BTU Cottbus und DGA unter der Leitung von Heike Lehmann umfassend bauhistorisch und archäologisch untersucht. Dabei wurden Teile der mittelalterlichen Stadtmauer und ein komplettes mittelalterliches Stadtviertel mit seiner Gassenstruktur, Wohn- und Bazarbebauung, einem öffentlichen Bad, einer Händlerunterkunft (Khan) und einer Moschee aufgenommen. Darüber hinaus erbrachten die Forschungen im Bustan Nassif Erkenntnisse zur Genese der Stadtstruktur von der byzantinischen bis in die mamlukische Zeit.

Durch die Ausgrabungen der 1960er und 1970er-Jahre aber auch durch die neuerlichen, intensiven Reinigungsarbeiten liegen Baustrukturen frei und es ergibt sich ein teils dringender Handlungsbedarf zur Konsolidierung der Grabungsbefunde. Es besteht akute Gefährdung einzelner Teilbereiche durch Unterspülung freiliegender Mauerfundamente und mittelfristig ist der ungeschützte Baubestand im Gesamtareal durch Pflanzenbewuchs und Durchwurzelung gefährdet. Außerdem ist das Areal bisher ungeschützt zugänglich und dadurch Steinraub und Zerstörung ausgesetzt. Mit der vorgesehenen Nutzung als Haupterschließungsader zum touristischen Gelände wird das Areal noch stärker in den Fokus von Besuchern geraten und der Baubestand weiter gefährdet, wenn Touristen – zu erwartende und kaum zu verhindernde – eigene Erkundungstouren unternehmen werden.

Vor diesem Hintergrund entwickelt die Orientabteilung des DAI seit 2013 mit der Bauforscherin Heike Lehmann, die das Grabungsgelände Bustan Nassif im Rahmen ihrer Dissertation wissenschaftlich bearbeitet und publiziert hat, in Zusammenarbeit mit libanesischen Restauratoren und Architekten (Konservierungsplan: Prof. Dr. Jeanine Abdul Massih, Professorin für Archäologie und Konservierung, Lebanese University Beirut; Entwurf für die touristische Nutzung des Geländes: Maroun Hoshaymeh, Archstudio 25) ein integratives Erschließungs- und Restaurierungskonzept für das Grabungsgelände. Das Gesamtkonzept wurde so strukturiert, dass es sich in das Site Management Konzept der DGA einfügt, auf bereits umgesetzte Planungen des CDR/CHUD-Projekts reagiert und nun stufenweise umgesetzt werden kann. Die Abteilung Architekturgeschichte ist durch Heike Lehmann involviert, die die Umsetzung des Projektes wissenschaftlich begleitet.