zum Inhalt springen

Ausstellungsgeschichte der Fotografie

Foto: Internationale Photographische Ausstellung Dresden 1909, Sternwarte mit Ausstellungspalast, Offizielle Postkarte, Nr. 8, Verlag Wilhelm Baensch, privat

Die Ausstellung als temporäre und öffentliche Präsentation von Bildern und Objekten aller Art ist genauso eine Erfindung des 19. Jahrhunderts wie die Photographie. Entsprechend ist die Geschichte des Mediums nicht nur eng mit der Entwicklung optischer Instrumente, chemischer Prozesse und Druckverfahren verbunden, sondern auch mit den Konventionen und Rhetoriken von Rahmung, Hängung und Installation und deren Auswirkungen auf die visuelle Wahrnehmung und ästhetische Erfahrung. Das historische Verständnis der Fotografie und ihrer Anwendungen in Kunst, Wissenschaft und Technik hat über das Atelier, die Dunkelkammer und das Labor hinaus seinen Ausgang gleichermaßen an Orten der Exposition. Gemäß dieses Perspektivwechsels auf die Geschichte technischer Bilder seit der Moderne geraten Bildensembles in den Blick, die epistemische Dimensionen bergen, die dem Gehalt und der Gestalt einzelner Artefakte einen zusätzlichen Mehrwert verleihen.

Nachdem in einem ersten Vorhaben zu diesem neu zu entwickelnden Forschungsfeld die Dresdner Weltausstellung der Fotografie umfassend rekonstruiert wurde, um zu demonstrieren, welche Modelle und Methoden der Exposition entwickelt und eingesetzt wurden, um Fotografien überhaupt als Kunstwerke, Waren, Dokumente, technische Produkte und wissenschaftliche Erkenntnisträger zu definieren und zu vermitteln (siehe die Monografie Exposition eines Mediums. Internationale Photographische Ausstellung Dresden 1909, Paderborn: Wilhelm Fink, 2015), ist ein laufendes Projekt der Geschichte des sogenannten „installation shot“ gewidmet: Es geht um jene Ansichten, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die digitale Gegenwart von den Konstellationen zwischen Bildern, Objekten und architektonischen Elemente in Ausstellungen produziert und überliefert werden. Dabei kommt der Fotografie oftmals ein doppelter Status zu: Sie ist zugleich Exponat und Medium der Dokumentation jener ephemeren Gefüge, die Ausstellungen als Argumente im Raum gegenüber isolierten Werkbetrachtungen auszeichnen. Eine These des Projekts lautet, dass die Fertigung von „installation shots“ historisch erst in dem Moment einsetzt, in dem sich die Ausstellung von der bloßen Akkumulation von Bildern und Objekten zu einem dramaturgischen Arrangement in eigens zu diesem Zweck gestalteten Räumen hin entwickelt. Übergeordnetes Ziel ist es, die Ausstellungsansicht als eigenständige, zwischen Dokumentation und Inszenierung oszillierende Bildgattung in ihrer Genese, Medialität und Funktionalität zu untersuchen und – vor der Folie der Geschichte der Ausstellung von den Weltausstellungen des europäischen Imperialismus bis zu den heutigen Großveranstaltungen des globalisierten Kunstbetriebs – ihre bisher vernachlässigte Bedeutung für die kunsthistorischen Gebiete der „exhibition studies“ und „curatorial studies“ herauszuarbeiten.